"Die Reise in den Tod..."
... traf viele sogenannte 'zivile' Arbeitskräfte, die 1942 scheinbar freiwillig aus Griechenland nach Deutschland gekommen waren, ebenso hart wie die Griechen, die später zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden.“
Projekt "#UNBARMHERZIGKEIT"
"Unbarmherzigkeit" bezeichnet die Eigenschaft oder Handlung, grausam oder hart ohne Mitgefühl zu sein, insbesondere gegenüber jemand anderem. Es beschreibt mangelndes Mitgefühl, Gnade oder Rücksichtnahme gegenüber anderen.
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„Sie passt auf dich auf“
Vlasisos X. (*1930 – +1945). Ein Junge, ein Stück Holz, ein stilles Zeichen gegen das Vergessen. Vlasisos X. war vierzehn Jahre alt, als der Krieg ihn aus seiner Heimat riss. Er lebte mit seiner Familie in einem kleinen Ort am Rande des Parnitha-Gebirges bei Athen. Sein Großvater hatte ihm das Schnitzen beigebracht – und Vlasisos schnitzte am liebsten Schildkröten: kleine, einfache Figuren aus Olivenholz, jede anders, jede still. Sie standen auf Mauern, auf Fensterbrettern, zwischen Blumen und Steinen – kleine Wächter einer Kindheit in besetzten Zeiten. Im Sommer 1944 war die Mutter schwer krank. Der Vater versteckte in den Bergen Vorräte vor den deutschen Besatzern. Als der Onkel in Athen Medikamente auftreiben konnte, musste Vlasisos sie holen. Er nahm kein Gepäck mit – nur einen geschnitzten Apfel als Geschenk und sein Messer. An einer Straßenecke im Stadtteil Neos Kosmos wurde er zusammen mit dem Onkel festgenommen, geschlagen, verschleppt. Er war ein Kind – man nannte ihn einen Dieb, den Sohn eines Partisanen. Von Athen aus kam er in das KZ-Neuengamme bei Hamburg, später in eines der Außenlager im Emsland. Dort lernte er, Hunger zu ertragen, Kälte, Gewalt, das Schweigen der Toten. Eines Tages fand er ein Stück Holz. Mit einem rostigen Nagel schnitzte er heimlich wieder eine Schildkröte – roh, unfertig, aber lebendig. Er schenkte sie einem kranken Mithäftling. „Sie passt auf dich auf“, soll er gesagt haben. Am 3. Mai 1945, kurz vor Kriegsende, wurde Vlasisos auf ein Schiff an die Ostsee gebracht – zusammen mit Tausenden anderer Häftlinge. Die Schiffe Cap Arcona, Thielbeck und Athen wurden schwer bombardiert. Mehrere, die das Feuer überlebten, wurden von Angehörigen der SS, des Volkssturms und der Hitlerjugend im Wasser erschossen oder am Strand erschlagen. Unter ihnen: der vierzehnjährige Vlasisos X. aus Attika. Sein Körper wurde leblos im nassen Strandsand liegengelassen, aber sein Symbol blieb: eine kleine Schildkröte aus Holz, Sinnbild für Beharrlichkeit, Schutz und Stille. Sie trägt ihr Haus mit sich, wohin sie auch geht. Wie das Andenken an jenen Jungen, der schnitzte, um zu bewahren, was der Krieg zerstören wollte – die Menschlichkeit..
Historischer Kontext: Griechenland 1940–1945 und das Schicksal von Vlasisos X.
a) Besatzung Griechenlands (1941–1944)
Griechenland wurde im April 1941 von deutschen, italienischen und bulgarischen Truppen besetzt. Das Land wurde in Besatzungszonen aufgeteilt, Athen lag in der deutschen Zone. Die Besatzung führte zu Nahrungsmittelknappheit, Hunger und Krankheit. Besonders die Jahre 1941–1942 waren durch die Hungersnot in Athen gekennzeichnet. Viele Familien mussten Vorräte verstecken oder selbst Lebensmittel besorgen, oft unter Lebensgefahr...
b) Alltag unter Besatzung
Deutsche Truppen führten regelmäßige Razzien, Beschlagnahmungen und willkürliche Verhaftungen durch. Kinder und Jugendliche waren besonders gefährdet: Beschuldigungen wegen „Diebstahls“ oder „Mitwirkung von Partisanen“. Einziehung von Besitz, Lebensmitteln oder Werkzeug. Das zivile Leben war geprägt von Misstrauen, Angst und Kontrollverlust.
c) Partisanen und Widerstand
Viele Griechen schlossen sich dem Widerstand (ELAS, EDES u. a.) an, der Sabotageakte gegen die Besatzung durchführte. Angehörige von Partisanenfamilien, auch Kinder, wurden oft verdächtigt, Helfer oder Sympathisanten zu sein. In Vlasisos’ Fall: Sein Vater versteckte Vorräte und Holz in den Bergen – ein Risiko, das die Familie in Gefahr brachte.
d) Deportation in Konzentrationslager
Deutsche Besatzungstruppen deportierten nicht nur politische Gegner, sondern auch Zivilisten aus besetzten Gebieten in deutsche KZs. Vlasisos wurde nach Neuengamme bei Hamburg verschleppt, ein KZ, in dem Häftlinge unter Zwangsarbeit, Hunger, Krankheit und Gewalt litten. Neuengamme hatte zahlreiche Außenlager im Norden Deutschlands, darunter im Emsland, wo viele Zwangsarbeiter unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiteten.
e) Cap Arcona-Katastrophe (3. Mai 1945)
Ende April/Anfang Mai 1945: Häftlinge aus KZs wurden auf Schiffe an der Ostsee verladen (MS Cap Arcona, MS Athen, MS Thielbeck).
Ziel: Flucht vor den Alliierten? Evakuierung? Die genauen Befehle bleiben unklar, aber die Schiffe waren nicht gekennzeichnet und voll mit Gefangenen. Am 3. Mai 1945 wurden die Schiffe von der Royal Air Force (RAF) bombardiert. Viele Häftlinge überlebten den Angriff nicht, und einige wurden von verbliebenen deutschen Soldaten oder Hitlerjugend erschlagen, als sie versuchten, das Wasser zu erreichen. Vlasisos X. gehörte zu den Opfern dieser Katastrophe, ein Kind zwischen Tod und Ende des Krieges.

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